Unsere historischen Spinnräder
Die blaue Alma
- Schwedische Spinnräder beim Transport nach Hause
Vor gut einem Jahr berichteten wir bereits darüber, dass in unseren Spinnkreis zwei alte schwedische
Spinnräder eingezogen sind. Wir ahnten da noch nicht, dass die beiden Räder der Anfang einer kleinen Herde
werden sollten. Nun sollen die historischen Räder auch eimal im Detail
vorgestellt werden.
Eigentlich geben wir unseren Spinnrädern keine Namen. Die blaue Alma und ihre kleinere Schwester
wurden im Internet von einem Spinnradsammler angeboten. Bilder und Beschreibungen ließen
das Potential dieser Räder erahnen. Birgit hatte schon eine ganze Weile mit dem blauen Rad geliebäugelt und
als Katrin erfuhr, dass es auch eine weiteres Rad gab, waren wir nicht mehr zu halten und reisten zum Verkäufer.
So zogen die ersten schwedischen Spinnräder Ende 2015 in unseren Spinnkreis ein.
Das größere, dunkelbaue Spinnrad trägt die Aufschrift "Alma 1918". Es zog bei Birgit und Jörg ein, die kleine Schwester bei Katrin.
Almas blaue Farbe war zum Teil schon stark abgeblättert und wurde restauriert. Dabei wurde der Charme des alten Rades jedoch so weit wie möglich erhalten. Der Tritt war lose und wurde verleimt, so dass die knarzenden Geräusche, die er verursachte nahezu verschwunden sind. Die Antriebsschnur wurde durch eine alte Drachenschnur ersetzt. Sie ist hohl und wurde ohne Knoten verbunden. Dadurch läuft sie ruckelfrei über die Wirtel. Die zum Rad gehörende Spule war stark ausgeschlagen und musste ersetzt werden. Herr Henkys fertigte 5 Spulen nach dem historischen Vorbild. Der Flügelwirtel war zum Teil ausgebrochen. Auch dieser Schaden wurde perfekt von Herrn Henkys repariert. Der Wocken war unvollständig. Auf schwedischen Spinnseiten recherchierten wir, wie ein zum Rad passender Wocken aussehen könnte und ließen die fehlenden Teile drechseln.- Verbindung vom Knecht zum Schwungrad
Der Knecht wurde bereits früher schon einmal repariert und mit einem Drat fixiert. Bei schwedischen Spinnrädern sind die Knechte in der Regel mit Verzierungen versehen. Almas Knecht wurde jedoch aus einer Leiste ohne jeglich Verzierung angefertigt, was die Vermutung nahe legt, dass es sich nicht um den Originalknecht handelt. - Spinnkopf mit neuer Spule
Bei den ersten Spinnversuchen mussten wir feststellen, dass der Faden sehr häufig riss, obwohl der Einzug sich sehr fein regulieren ließ. Bei genauerer Untersuchung zeigte sich, dass im Einzugsloch eine sehr scharfkantige Einkerbung war (vermutlich vom Flachsspinnen), die Wollfäden regelrecht abschnitt. Nachdem die Kerbe abgeschliffen wurde, war auch dieses Probelem behoben. Am hinteren Flügelwirtel kann man gut die hellere reparierte Stelle erkennen. - Vergleich alte und neue Spule
- Vergleich alte und neue Spule
- Aufhängung Schwungrad
- In der Gesamtansicht sind die nachgearbeiteten Teile des Wockens gut zu erkennen, da diese nicht blau gestrichen wurden.
zweifädiges Spinnrad in sächsischer Bauform, Schwungrad teilweise im Tisch versenkt
Durchmesser Schwungrad: 72 cm
Höhe: 100 cm
Höhe mit Wocken: 125 cm
Breite: 110 cm
Tiefe: 50 cm
Flügel: mit 2 Wirteln und feinen Haken beidseitig links
Übersetzung: 1:11 und 1:13
Durchmesser Einzugsloch: 5 mm
Höhe Einzugsloch: 70 cm
Gewicht: 7,9 kg mit Wocken, 7,5 kg ohne Wocken
Spinnverhalten: Aufgrund des großen Schwungrads läuft das Spinnrad sehr ruhig und gleichmäßig. Die Überwindung des toten Punkts stellt keine Hürde dar. Der Tritt ist sehr breit, so dass auch beide Füße darauf Platz finden und mit beiden Füßen getreten werden kann. Das Spinnrad ist aufgrund der Übersetzung, der Größe des Einzugslochs und der Haken als Feinspinner einzustufen. Es läßt sich sowohl im kurzen als auch langen Auszug sehr feines, gleichmäßiges Garn spinnen. Von Vorteil ist es, wenn man parallel zum Rad arbeitet, wie es in Skandinavien üblich ist. Vor allem beim langen Auszug kann man so eine maximale Auszugslänge erreichen. Trotz der beachtlichen Größe wirkt das Spinnrad zierlich. Mit diesem Spinnrad spinnt man nicht, mit diesem Spinnrad tanzt man.
Noch ein schwedisches Spinnrad oder Liebe auf den zweiten Blick
Wer einmal an einem perfekt laufenden historischen schwedischen Spinnrad gesponnen hat,
der versteht bestimmt, warum man, wenn sich die Möglichkeit bietet, einem zweiten nicht wiederstehen kann.
Ein Jahr lang durfte Alma mit zu unseren historischen Klostermärkten. Wir wollten ja schon immer mal ein altes
Rad für unsere Vorführungen haben. Unsere modernen, ergonomischen Spinnräder sind fantastische Arbeitstiere,
die wir lieben. Aber auf den Märkten kam oft die Bemerkung "Früher sahen die aber anders aus".
Dem konnten wir nun Alma entgegensetzen. Wen wundert es, dass Dagmar so nebenbei bemerkte, so eins hätte sie auch gerne.
Zum Glück hatte besagter Spinnradsammler wieder ein altes schwedisches Rad ins Netzt gestellt. Auf Nachfrage erfuhren wir,
dass man zwischen vier Rädern auswählen könnte. Da Birgit den Weg schon kannte und man nicht gerne
alleine Spinnräder anschaut, nahm Dagmar Birgit mit. Wen wundert es, das nicht nur ein schwedenblaues Spinnrad,
in dass sich Dagmar verliebt hatte sondern auch ein riesengroßes dunkelbraunes die Heimreise mit antrat.
Zu Hause angekommen und bei Tageslicht betrachtet sah die Sache schon ganz anders aus. Zweifelsohne
spann es sich hervorragnd auf dem Rad. Darin bestand Einigkeit. Aber irgendein Vorbesitzer hatte
dem Rad einen wirklich furchterregenden dicken, dunkelbraunen Anstrich verpasst und das Rad offenbar zum
Dekoobjekt degradiert. Jedenfalls sah es nicht so aus, als wäre es in letzter Zeit besponnen worden.
Und so ein häßliches Rad wollten wir eigentlich nicht als Mitbewohner im Wohnzimmer haben.
Vor Schreck wurde gar kein Foto von dem Rad gemacht.
Nach Kriesensitzung war klar, die Farbe muss ab. Jörg hat dann in wochenlanger Kleinarbeit die Farbe
abgekratzt und abgeschliffen. Hervor kam ein sehr schönes Rad mit filigranen Schmuckrillen und Verzierungen.
Auch die Spuren jahrzehntelanger Arbeit wurden wieder sichtbar. Eine abschließende Behandlung mit
Sonnenblumenöl, gab dem Holz des Rades einen schönen warmen Ton. Nur die etwas ausgeschlagene Spule war noch
zu bemängeln. Aber auch hier half wieder Herr Henkys mit der Anfertigung 5 neuer passender Spulen.
- Gesamtansicht Schwedisches Spinnrad II
- Spinnkopf mit neuer Spule
- Detail
- Spinnkopf Verzierung
- Verbindung Knecht Schwungrad
- Schwungradaufhängung
- Vergleich alte und neue Spule
An der alten Spule kann man noch die dunkelbraune Farbe sehen. So kann man sich vorstellen, wie das Rad aussah, als es hier ankam. - In Aktion
Zu Weihnachten 2016 wurde das Spinnrad wieder angesponnen. Im Moment darf es Wolle vom Rauwolligen Pommerschen Landschaf spinnen. - In Aktion
zweifädiges Spinnrad in sächsischer Bauform, Schwungrad steht über dem Tisch
Durchmesser Schwungrad: 69 cm
Höhe: 112 cm
Breite: 115 cm
Tiefe: 55 cm
Flügel: mit 2 Wirteln und feinen Haken beidseitig links und rechts
Übersetzung: 1:12 und 1:13
Durchmesser Einzugsloch: 7 mm
Höhe Einzugsloch: 76 cm
Gewicht: 9,5 kg (ohne Wocken)
Spinnverhalten: Das Spinnverhalten ähnelt dem der blauen Alma. Auch dieses Rad kann mit beiden Füßen getreten werden und tritt sich noch ein wenig leichter als Alma. Aufgrund des Einzugslochs von 7 mm können auf diesem Rad auch etwas dickere Garn gesponnen werden. Das Spinnrad ist insgesamt sehr robust, was sich nicht zuletzt im Gewicht wiederspiegelt. Birgit
alle Bilder von Jörg